Valentin Silʼvestrov

*  30. September 1937

von Tatjana Frumkis

Essay

Valentin Silʼvestrovs kompositorischer Weg verlief, ungeachtet tief greifender ästhetischer Einschnitte, konsequent. Als einer der bedeutendsten Vertreter der sogenannten »Kiever Avantgarde« gelangte er von der Zwölftontechnik über verschiedene Kompositionstechniken der westlichen Avantgarde und einer Form der Polystilistik zu einer neuen Auseinandersetzung mit der musikalischen Tradition und insbesondere dem romantischen Idiom, vor deren Hintergrund er eine eigene harmonische und formale Sprache und das Konzept einer »Metamusik« bzw. eines »universalen Stils« entwickelte. Silʼvestrov sieht sich selbst als Lyriker: »Das, womit ich mich beschäftige, kann man als ›Poesie in der Musik‹ bezeichnen« (zit. n. Frumkis: Booklet zu ECM New Series 1776, CD 2001). Dieses Bekenntnis ist nicht nur unmittelbar auf die vokalen Gattungen zu beziehen, denen Silʼvestrov einen großen Teil seines Schaffens seit den 70er-Jahren widmete, sondern auch auf seine vom Wort ausgehende, zutiefst poetisch konzipierte, jedoch von außermusikalischer Programmatik freie Instrumentalmusik.

1954–58 entstanden seine ersten Werke unter dem Eindruck der Musik Modest Musorgskijs, Claude Debussys oder Frédéric Chopins, den er zeitlebens besonders verehrte. Die kleinen Klavierstücke seiner Studienzeit überarbeitete Silʼvestrov später und veröffentlichte sie in den Klavierzyklen Naivnaja muzyka [Naive Musik] (1954/55; rev. 1993), Otdaljennaja muzyka [Entfernte Musik] (1956; rev. 1993) und ...